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Dipl. Kfm. (FH) Mario Genter – Steuerberater

Pflege WG:
Kosten mindern Einkommensteuer

Pflege-WG: Kosten mindern Einkommensteuer

München/ Bundesfinanzhof, 10. August 2023

Wer wegen krankheits- oder behinderungsbedingten Gründen in einer Pflege-WG wohnt, darf die Kosten für die Unterbringung als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

Bisher lehnte die Finanzverwaltung eine steuerliche Vergünstigung ab.

Sowohl die Richter des Finanzgerichts Köln, als auch die Richter des Bundesfinanzhofs folgten unserer Sichtweise und Argumentation, wonach eine Pflege-WG einem Seniorenheim gleichzustellen ist.
Auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs können sich nun alle Steuerpflichtigen berufen.

Nachfolgend wird dargestellt, wie es gelungen ist, das Steuerrecht für Menschen mit Beeinträchtigungen im Positiven zu verändern: 

Die (bisherige) Sichtweise der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung argumentierte, die Kosten wegen einer krankheits- oder behinderungsbedingten Unterbringung wären nur dann abzugsfähig, sofern die Einrichtung ein Heim nach Heimgesetz sei. Weil in Pflege-WGs die Pflege durch ambulante Pflegedienste und damit nicht in einem einheitlichen Zusammenhang mit der Wohnraumvermietung organisiert wird, sei eine steuerliche Berücksichtigung der Wohnkosten nicht möglich.

Die Sichtweise des Finanzgerichts Köln

Die von meiner Kanzlei erhobene Klage vor dem Finanzgericht Köln hatte Erfolg. Das Finanzgericht Köln folgte unserer Rechtsauffassung, wonach auch Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung in einer Pflege-WG als außergewöhnliche Belastung steuerlich zu berücksichtigen sind. Sofern eine Beeinträchtigung vorliegt und die Voraussetzung der Vorschrift gem. § 33 EStG erfüllt sind, ist die Unterbringungsform nicht entscheidend.

Das Revisionsverfahren und die Sichtweise vom Bundesfinanzhof

Der Begründung des Finanzgerichts Köln konnte sich die Finanzverwaltung nicht anschließen und beantragte die Überprüfung des Urteils durch den Bundesfinanzhof.

Im Revisionsverfahren entschied der Bundesfinanzhof, wie bereits das Finanzgericht Köln, dass die Organisationsform der Unterbringung für die steuerliche Beurteilung nicht relevant sei. Für die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen sei es nicht erforderlich, dass eine Unterbringung in einem dem Heimgesetz unterliegenden Pflegeheim erfolgt. Die Aufwendungen wegen einer krankheits- oder pflegebedingten Unterbringung in einer dafür vorgesehenen Einrichtung seien grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Voraussetzung für den steuerlichen Abzug sei, dass neben der Wohnraumüberlassung auch Betreuung-, Pflege- und Versorgungsleistungen durch einen oder mehrere (ggf. externe) Anbietern angeboten werden. Dies gelte nicht nur für die Unterbringung in einem Pflegeheim, sondern auch in einer anerkannten Pflegewohngemeinschaft.

Nachträgliche Berücksichtigung?!  

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein vorliegender Einkommensteuerbescheid korrigiert werden. Insbesondere solange die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, ist eine nachträgliche Berücksichtigung möglich.  

Dipl. Kfm. (FH) Mario Genter – Steuerberater

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